Position des Vorstands jetzt als PDF herunterladen: Position zur selbstständigen Tätigkeit (PDF)
Der gesetzliche Rahmen der Arbeit als Supervisorin oder Coach (DGSv) ist immer wieder im Wandel. Im Kern geht es oft um eine Frage, die für freiberuflich tätige Supervisor*innen von hoher Relevanz ist:
Sind Supervision, Coaching und Organisationsberatung selbstständige, beratende Tätigkeiten und damit umsatzsteuerpflichtig und potenziell von der Sozialversicherungspflicht befreit? Oder handelt es sich um Tätigkeiten, die eher dem Bereich Bildung, Unterricht, Lehre zugerechnet werden können, weshalb eine Befreiung von der Umsatzsteuer angestrebt werden kann und sich zugleich die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie als sozialversicherungspflichtige (Schein-)Selbstständigkeit eingruppiert werden?
Die Position des Vorstands hierzu lautet:
Supervision, Coaching und Organisationsberatung sind im Verständnis der DGSv keine Lehr- oder Unterrichtstätigkeiten. Es handelt sich um reflexive Beratungsformate, in denen es nicht um Wissensvermittlung geht, sondern um die Begleitung von Selbstreflexionsprozessen bei Einzelpersonen, in Teams oder Gruppen oder um die Begleitung von Veränderungsprozessen von Organisationen. Demzufolge sind Supervision, Coaching und Organisationsberatung als umsatzsteuerpflichtige und potenziell von der Sozialversicherungspflicht befreite, selbstständige freiberufliche Tätigkeiten einzustufen.
Bitte beachten Sie: Dies ist keine Rechtsauskunft, sondern eine aus fachlichen Erwägungen formulierte Beschreibung des Inhalts der Tätigkeit und eine daraus abgeleitete Position des Vorstands der DGSv. Wir unterstützen Bestrebungen, die eine Absicherung der rechtlichen Rahmenbedingungen für unsere Mitglieder fördern.
Bitte beachten Sie außerdem: Die konkrete Rechtauslegung hängt immer vom Einzelfall ab. Hier spielen zahlreiche weitere Faktoren eine Rolle, z.B. die Zusammensetzung und Höhe der Gesamteinkünfte, die konkrete Vertragsgestaltung. Rechtssicherheit ist durch ein Statusfeststellungsverfahren zu erlangen. Darüber hinaus gibt es Ausnahmeregelungen in Bezug auf die Umsatzsteuerpflichtigkeit. Den aktuellen Stand der rechtlichen Situation haben wir für unsere Mitglieder auf unserer Website und in unseren einschlägigen DGSv-Guides aufbereitet.
Zum Hintergrund:
Die Rechtsunsicherheit und die unterschiedliche Auslegung der aktuellen Rechtslage durch die Finanzverwaltung und die Deutsche Rentenversicherung führen zu einem Dilemma.
Korrekt ist es und wird es auch in Zukunft für Supervisor*innen bleiben, entweder als Selbstständige Umsatzsteuer (von Ausnahmeregelungen wie z.B. der Kleinunternehmerregelung abgesehen) oder als Angestellte Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung zu zahlen. Korrekt ist es auch, für solche Aufträge, die bereits jetzt von der Umsatzsteuer befreit sind (z.B. Lehraufträge), Sozialversicherungsbeiträge abzuführen.
Derzeit gibt es eine Tendenz in der Rechtsprechung und Rechtsauslegung, Beratungstätigkeiten wie Coaching sind eher dem Bereich Lehre/Unterricht zuzurechnen. Damit würden diese Tätigkeiten ähnlich behandelt wie die von Privatlehrer*innen – mit der Folge, dass sie umsatzsteuerbefreit, aber sozialversicherungspflichtig wären. Fachlich entspricht dies nicht der Position der DGSv. Zu begründen wäre es bestenfalls mit einem stark erweiterten Verständnis von Bildungs- und Lernprozessen, bei denen die Unterstützung der Selbstreflexion einen höheren Stellenwert bekäme. Ökonomisch könnte dies für einige Supervisor*innen allerdings eine durchaus attraktive Entwicklung sein, weil es zur Folge hätte, dass die Honorarbestandteile, die sonst als Umsatzsteuer abgeführt werden müssen, stattdessen in Sozialversicherungsbeiträge fließen, die den Supervisor*innen selbst zugutekommen. Andererseits fällt natürlich die Möglichkeit der Umsatzsteuerverrechnung zwischen Einnahmen und Ausgaben in diesem Fall weg. Wir als Verband nehmen aufgrund der Unklarheit, welche konkreten Folgen welche Regelung für die vielen unterschiedlichen Einzelfälle unserer Mitglieder hätte, hierzu keine Positionierung vor. Wir positionieren uns hier ausschließlich fachlich.
Die Frage, ob eine Tätigkeit als selbstständig eingestuft wird, hängt von einigen weiteren Faktoren ab. Im Augenblick herrscht diesbezüglich eine vergrößerte Rechtsunsicherheit, weil das „Herrenberg“-Urteil des Bundessozialgerichts, in dem es um Arbeitsverhältnisse an einer Musikschule ging, so ausgelegt wird, dass auch Coaching und Supervision pauschal als nicht-selbstständige Tätigkeiten ausgelegt werden. Dies ist im Alltag
aber weder wünschenswert noch praktikabel, weil Supervisor*innen dann Dutzende Arbeitsverträge abschließen müssten. Daran haben höchstwahrscheinlich die allermeisten von ihnen und auch die Auftraggeber kein Interesse. Es ist anzunehmen, dass hier Nachbesserungen der Rechtslage erfolgen.
Dr. Annette Mulkau, Robert Erlinghagen
Vorstand der DGSv
29.10.2025